Monster für die B1

2004

Der Wecker klingelte. Ich stand auf und machte mich sofort nach dem Frühstück auf zu einem neuen Abenteuer. Der Auftrag diesmal lautete: Monster für die B1.
Mein Name ist Patrick Preller – freischaffender Künstler – und ich bin unterwegs, um die Welt zu verbessern. Ich beschäftige mich jetzt schon seit etwa zehn Jahren mit Monstern, deren Entstehung und Verbreitung. Wichtige Merkmale der Monster aus meiner Werkstatt sind: die gute Laune, die sie verbreiten, die permanente Anpassungsfähigkeit an alle möglichen Situationen und die immerwiederkehrende Erscheinung an den unterschiedlichtsten Orten. Formal gesehen sind zwar alle Monster anders, da sie individuell aus Metall oder Holz ausgeschnitten werden oder einen höchst persönlichen Farbanstrich erhalten. Aber immer lassen sie sich einer gemeinsamen Familie zuordnen: sie haben geschwungene Konturen, große Augen und Hände und sind immer flach und zweidimensional.

Nun war ich in der Berufsschule I, in der MMK11, einer Klasse für Stahlbau. Hier erzählte ich den Schülern anhand einiger an die Wand projizierten Bilder von meinen vergangenen Abenteuern mit den Monstern und zeigte ein paar der Exemplare, die dabei entstanden sind. Zu der Zeit war das größte Monster etwa 12 m breit und aus 6 mm dickem Stahl ausgeschnitten. Die kleinsten waren so klein, dass sie fast in eine Zahnpastatube gepasst hätten. Dann gab es da die Monsterminigolfbahn, die Monsterweihnachtsbäume in Fürth und ein großes hohles Monster aus Edelstahl, das ein Jahr lang in der Fürther Fußgängerzone stand.
Nach dieser kurzen Einführung machte ich mich mit den Schülern und den entsprechenden Fachlehrern daran, ein Monsterobjekt für die Schule zu realisieren. Da ich vor meinem Studium an der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste eine Ausbildung zum Kunstschmied gemacht hatte, waren mir weder Werkstoff noch die Räume einer Berufsschule fremd.

Gerufen zu diesem Abenteuer hatte mich Herr Georg Behninger, Fachlehrer an der B1. Da er sich nicht nur für Kunst interessiert, sondern selbst auch aktiv künstlerisch tätig ist, war es klar, dass sich unsere Wege irgendwann und irgendwo kreuzen würden. Mit ihm besprach ich das ganze Vorhaben und die Möglichkeiten der Umsetzung. Jeder Schüler sollte ein Monster entwerfen, auf ein Stück Stahlblech aufzeichnen und ausschneiden. So sollten sie die Möglichkeit haben, kreativ mit dem Werkstoff Stahl umzugehen und eine in den meisten Lehrbetrieben nicht alltägliche Anwendung auszuprobieren. Ich beobachtete den Prozess des Aufmalens genau, denn schließlich sollten zum Schluss alle miteinander verbunden werden und eine Einheit ergeben. Eine nicht zu unterschätzende Herausforderung war es, wirklich alle Monster fröhlich aussehen zu lassen. Viele der eifrigen Lehrlinge hielten an der traditionellen Auffassung fest, dass ein Monster immer schrecklich, böse und angsteinflößend sein müsste. Doch mit ein bisschen gutem Zureden wurde auch diese Schwierigkeit gemeistert.
Nachdem die Monster mit den Plasmaschneidern, die uns von netten Firmen zur Verfügung gestellt wurden, mit freier Hand ausgeschnitten waren, mussten natürlich noch die Kanten entschärft werden, da das ganze Objekt ja im öffentlichen Raum stehen sollte. Dann lagen da vor uns 12424 Monster und niemand wusste so richtig, was jetzt damit geschehen würde. Doch zum Glück kam sie da, die Fee mit der Idee.
Zuerst sortierten wir die Monster auf dem Boden und legten sie so zurecht, wie sie miteinander verbunden werden sollten. Daraufhin wurden sie übereinander, hintereinander, miteinander verschweißt. Wichtiges Kriterium dabei war vor allem die Werkstatttür, denn wie sich schnell herausstellte wuchs das Objekt in nicht vorhersehbare Dimensionen: es wurde etwa 3 m (3000 mm) hoch, fast 2 m (2000 mm) breit und wog soviel wie ein halbes Auto. Doch da alle mitdachten, war die Tür zum Hof kein Hindernis.
Fertig verschweißt kam der Koloss dann in die Verzinkerei Wiegel, die sich besonders viel Mühe gab, dem Objekt einen korrosionsschützenden Überzug zu geben. Jetzt waren alle Monster gleich silbrig grau. Da jedoch der geplante Aufstellort nicht gerade der Farbenfroheste war und viele dort einen aufmunternden Farbklecks vermissten, war sofort klar: die Monster werden bunt.
Nach und nach durften die Schüler das Objekt mit Pinsel und Farbroller bunt lackieren. Als etwas heikel erwiesen sich die vielen Ecken und Winkel, aber da mussten wir durch.
Damit die Monster auch richtige Monster wurden und nicht nur gesehen werden, sondern auch sehen konnten, bekamen sie von mir die Augen aufgemalt.

Jetzt wurde das ganze Objekt noch schnell an den richtigen Platz, neben den Eingang der Berufsschule, gestellt und mit einer schönen, festlichen Zeremonie eingeweiht. Dazu kamen namhafte Politiker aus Nürnberg, Unternehmer, Sponsoren und Helfer, sowie natürlich eine ganze Menge Berufsschüler. Vor allem aber genau diejenigen aus der Klasse MMK11, die so tüchtig geholfen haben, dieses schöne Objekt entstehen zu lassen.

Wieder ein Abenteuer mit vielen netten Menschen, von dem die Monster noch lange erzählen werden.
Vielen Dank!

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